Wolfgang Schober ist Orgelbauer und leidenschaftlicher Sportler. In seiner Werkstatt steht neben der Bohrmaschine eine Harley Davidson.
Oxana Bytschenko
Wolfgang Schober ist Orgelbauer und leidenschaftlicher Sportler. In seiner Werkstatt steht neben der Bohrmaschine eine Harley Davidson.

Im Gespräch mit Orgelbauer Wolfgang Schober aus dem niederbayerischen Plattling Der Sportler mit einem Faible für Pfeifen

Er repariert königliche Musikinstrumente, ohne auf ihnen spielen zu können, und feiert auch mit 61 Jahren sportliche Erfolge: Wolfgang Schober ist ein Kämpfer, der Hindernisse als Herausforderung sieht. Der Orgelbaumeister aus Plattling-Pankofen repariert und restauriert mechanische oder pneumatische Orgeln. Der 61-Jährige befreit sie zum Beispiel von Stinkwanzen, die in den Pfeifen massenhaft sterben und dadurch den Ton verfälschen. 170 Orgeln muss der Meister im Jahr abfahren und warten. Dabei liegen seine musikalischen Vorlieben nicht bei der Kirchenmusik, sondern beim Heavy Metal. Aber auch das war für ihn nie Hindernis.

Sein Unternehmen ist ein gemeinsames Projekt mit seiner Frau Anita Schober, die Restauratorin und freischaffende Künstlerin ist. "Für mich ist es ein Traumberuf. Ich bin gerne mit meiner Frau unterwegs, deshalb wollten wir die Firma nie vergrößern", sagt Wolfgang Schober. Bei den Kunden kommt es auch gut an, "wenn der Chef persönlich die Arbeiten an ihrer Orgel erledigt". Kürzlich wurde der Orgelbauer mit dem Goldenen Meisterbrief der Handwerkskammer ausgezeichnet.

Sport verliert gegen Orgeln

Zu den Orgeln kam er per Zufall: "Ich habe mich für moderne Architektur interessiert. Da in unserer Straße eine der größten Orgelbaufirmen war, wollte ich mich dort als technischer Zeichner bewerben", erklärt Schober. Der Inhaber suchte jedoch gerade einen Orgelbaulehrling. "Als er mir im Orgelsaal eine fast fertige Orgel erklärte, stand für mich fest: Diesen außergewöhnlichen Beruf will ich lernen", sagt Schober.

Dabei galt seine Leidenschaft damals dem Sport. Der gebürtige Plattlinger trainierte sechsmal pro Woche, lief 100 Meter in 10,7 Sekunden und wurde auch noch niederbayerischer Meister im Zehnkampf, Diskuswurf und Kugelstoßen. Sein Vorbild war der Bogener Sprinter Franz Prebeck, damals niederbayerischer Rekordhalter – und ehemaliger Präsident der Handwerkskammer. "Ein Satz von ihm prägte meine Laufbahn",sagt Schober, "ein Sprinter tritt nie auf einer Stelle."

Als seine Bundeswehrzeit anstand, wollte er sich für zwei Jahre in einer Sportkompanie verpflichten. "Dafür musste ich aber den ruhigen Arbeitsplatz in der Kirche verlassen, dazu der raue Ton bei der Grundausbildung – das hat mich davon abgehalten", sagt er. Das Gefühl täuschte ihn nicht: Wegen eines Rückenschadens endete seine Bundeswehrzeit nach drei Wochen.

Dennoch blieb Wolfgang Schober dem Sport immer treu – bis heute. So feierte er Erfolge mit dem TSV Plattling und dem FC Passau. Bei den bayerischen Seniorenmeisterschaften holte Schober einige Titel und Vizetitel im Kugelstoßen und Diskuswurf. Zurzeit ist er dritter deutscher Meister im Steinstoßen.

Werkstatt in Kirchenform

Nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr kehrte Wolfgang Schober zu den Orgeln zurück und wollte die Meisterprüfung absolvieren. "Mein Chef war nicht einverstanden und unsere Wege trennten sich. Ich habe dann in Eigenregie mein Meisterstück im Elternhaus gebaut – ein Jahr lang", erzählt er rückblickend. Nachts stand er am Fließband bei einer Heiztechnik-Firma, um sein Leben zu finanzieren. "Schlaf bekam ich nicht viel ab, nichtsdestotrotz baute ich meine Orgelbaufirma Stück für Stück auf, übernahm Reinigungen, kleine Umbauten und Kundendienste." Im Keller und in der Garage seines Elternhauses gründete Schober im Alter von 26 Jahren sein eigenes Unternehmen. 1990 kaufte er zwei Grundstücke und baute eine Werkstatt, die ihresgleichen sucht: Sie ist einer Kirche nachempfunden, damit die Instrumente ihre Klangkraft entfalten können.

In der Region um Plattling gibt es nur wenige Orgelbaumeister. Bei einer Handwerksausstellung in München hatte das Ehepaar Schober einen Meisterbetrieb vom Bodensee kennengelernt. "Dort hat unsere Tochter Christina später ihre Orgelbauausbildung absolviert", sagt Schober und fügt mit Stolz hinzu, dass sie sogar Kammersiegerin beim Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks wurde. Schon als Kind sei die Tochter bei Orgelbauarbeiten immer dabei gewesen. "Es hat ihr sehr viel Spaß gemacht, noch dazu verdiente sie sich damit immer etwas Taschengeld", erzählt Schober. Nach ihrer Ausbildung wurde Christina Schober Grundschullehrerin – führt aber ein Nebengewerbe im Orgelbau. Zwei Standbeine, zwei Leidenschaften, ganz nach dem Vorbild des Vaters. Für ihn waren die Hindernisse in seinem Leben ein Ansporn. Heute sagt er: "Ich würde mich wieder so entscheiden."